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Objektversicherung vs. Berufshaftpflicht: Was ist der Unterschied?

Geschrieben von René Schwiertz | Mittwoch, 17.12.2025

Ein neues Projekt liegt auf dem Tisch. Hohe Bausumme, ambitionierter Zeitplan, mehrere Beteiligte. Vielleicht ein öffentlicher Auftraggeber, vielleicht ein Generalplanervertrag. Und irgendwann – oft viel zu spät – taucht die Frage auf, die über schlaflose Nächte entscheiden kann:

Reicht meine Berufshaftpflicht eigentlich aus?

Viele Architekt:innen und Ingenieur:innen gehen selbstverständlich davon aus, dass ihre Berufshaftpflicht „alles abdeckt“. Schließlich ist sie Pflicht, sie läuft seit Jahren, und bisher ist nichts passiert. Doch genau hier liegt ein Denkfehler.

Die Berufshaftpflicht ist ein solider Grundschutz – aber sie denkt in Versicherungsjahren, nicht in einzelnen Projekten. Und sie rechnet mit Durchschnittswerten, nicht mit haftungstechnischen Ausreißern nach oben.

Sobald ein einzelnes Bauvorhaben größer, komplexer oder vertraglich schärfer wird als das Tagesgeschäft, geraten diese beiden Logiken aneinander. Genau an dieser Stelle kommt die Objektversicherung ins Spiel.

Gut zu wissen: Die Objektversicherung hat viele Bezeichnungen - man nennt sie u.a. auch objektbezogene oder projektbezogene Berufshaftpflichtversicherung.

Warum die Unterscheidung für Planer entscheidend ist

Die Berufshaftpflicht schützt das Büro über das gesamte Versicherungsjahr. Die Objektversicherung hingegen schützt ein einzelnes Bauvorhaben mit eigener Deckungssumme.

In der Praxis ist dieser Unterschied hochrelevant. Denn die Berufshaftpflicht orientiert sich nicht an der Bausumme eines Projekts, sondern am Jahreshonorar, an Tätigkeitsprofilen und an pauschalen Deckungssummen.

Typisches Praxisbeispiel:

Ein Architekturbüro bearbeitet mehrere kleinere Projekte parallel – zusätzlich aber ein großes Wohn- oder Verwaltungsgebäude mit hoher technischer Komplexität.

Kommt es bei diesem einen Projekt zu einem erheblichen Vermögensschaden, wird die volle Jahresdeckung der Berufshaftpflicht beansprucht. Für weitere Schäden im selben Versicherungsjahr bleibt dann nur noch wenig oder gar kein Spielraum.

Genau deshalb verlangen öffentliche Auftraggeber, Investoren oder Generalplanerverträge zunehmend objektbezogene Deckungen. Nicht aus Misstrauen, sondern aus Risikologik.

Die Berufshaftpflichtversicherung – der unverzichtbare Grundschutz

Die Berufshaftpflichtversicherung ist das Fundament jeder planerischen Tätigkeit. Ohne sie geht es nicht – weder rechtlich noch wirtschaftlich.

Was deckt die Berufshaftpflicht ab?

Versichert sind unter anderem:

  • Planungs- und Beratungsfehler
  • Fehler in der Bauüberwachung
  • Koordinations- und Abstimmungsfehler
  • Vermögensschäden infolge fehlerhafter Leistungen

Ein zentraler Bestandteil ist der passive Rechtsschutz. Der Versicherer prüft, ob überhaupt eine Haftung besteht, wehrt unberechtigte Ansprüche ab und reguliert erst dann berechtigte Schäden.

Wo liegen die Grenzen der Berufshaftpflicht?

Die Berufshaftpflicht gilt pauschal für alle Projekte eines Versicherungsjahres. Die Prämie orientiert sich am Jahreshonorar, am Tätigkeitsbild und an vereinbarten Deckungssummen.

Grenzen entstehen insbesondere durch:

  • kammerrechtliche Mindestdeckungen
  • Jahreshöchstleistungen und Aggregatgrenzen
  • Ausschlüsse bei Generalplanung oder ARGE-Beteiligungen

Die Berufshaftpflicht ist damit unverzichtbar – aber nicht für jede Projektdimension ausgelegt.

Die Objektversicherung – projektspezifischer Zusatzschutz

Die Objektversicherung setzt genau dort an, wo die Berufshaftpflicht an ihre systematischen Grenzen stößt. Sie ist eine projektbezogene Haftpflichtversicherung mit eigener Deckungssumme für ein konkret definiertes Bauvorhaben.

Wie wird eine Objektversicherung kalkuliert?

Maßgeblich sind:

  • die Bausumme
  • die Nutzungsart
  • die technische und organisatorische Komplexität
  • die Rolle des Planers (z. B. Objektplaner, Generalplaner, ARGE)

Versichert sind ausschließlich die im Objektvertrag beschriebenen Leistungen für das benannte Bauvorhaben.

Der entscheidende Vorteil: Risikotrennung

Schäden aus einem objektversicherten Projekt belasten nicht die Jahresdeckung der Berufshaftpflicht. Selbst ein größerer Schadenfall wirkt sich damit nicht auf andere Projekte des Büros aus.

Besonders relevant ist das bei:

  • Großprojekten
  • öffentlichen Aufträgen
  • Generalplaner- oder ARGE-Strukturen
  • Projekten mit erhöhten Vertragsstrafen

Objektversicherung vs. Berufshaftpflicht im direkten Vergleich

Kriterium Berufshaftpflicht Objektversicherung
Bezug Versicherungsjahr Einzelnes Projekt
Deckungssumme Pauschal / jährlich Projektspezifisch
Prämienlogik Jahreshonorar, Tätigkeitsprofil Bausumme, Projektrisiko
Risikoauswirkung Schaden belastet Jahresvertrag Schaden isoliert im Projekt
Typischer Einsatz Laufender Büroalltag Groß- und Sonderprojekte

Wichtig: Es handelt sich nicht um Alternativen, sondern um sich ergänzende Bausteine.

Praxistipp: Separate Objektversicherung vs. objektbezogene Höherversicherung

In der Praxis ist wichtig zu unterscheiden, ob ein Projekt über eine vollständig separate Objektversicherung abgesichert wird oder über eine objektbezogene Höherversicherung innerhalb der bestehenden Berufshaftpflicht.

Bei einer separaten Objektversicherung entsteht eine eigenständige Police mit eigener Deckungssumme, eigener Laufzeit und klarer Abgrenzung vom Jahresvertrag. Schäden aus diesem Projekt belasten die Jahresdeckung der Berufshaftpflicht nicht.

Eine objektbezogene Höherversicherung hingegen erhöht die Deckungssumme nur für ein bestimmtes Projekt, bleibt aber Teil des bestehenden Jahresvertrags. Ein eventueller Schaden fließt weiterhin in das Aggregat der Berufshaftpflicht ein und kann die Jahreshöchstleistung reduzieren.

Welche Variante sinnvoll ist, hängt vom Projektrisiko, der geforderten Deckung und der Risikotragfähigkeit des Büros ab – insbesondere bei Großprojekten ist die vollständig getrennte Objektversicherung oft die robustere Lösung.

Fazit: Nicht entweder–oder, sondern bewusst kombinieren

Die entscheidende Frage lautet nicht, ob man eine Objektversicherung braucht, sondern wann.

Die Berufshaftpflicht bleibt der unverzichtbare Basisschutz für das Büro und den laufenden Betrieb. Die Objektversicherung übernimmt dort, wo einzelne Vorhaben das Risikoprofil verschieben – durch hohe Bausummen, komplexe Strukturen oder vertragliche Anforderungen.

Wer diese Unterscheidung versteht, vermeidet Deckungslücken und gewinnt gleichzeitig Sicherheit in Verhandlungen mit Auftraggebern.

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Wie beraten Sie gerne in einem unverbindlichen Gespräch.

FAQs

Wann fordert ein Auftraggeber eine Objektversicherung?

Vor allem bei öffentlichen Aufträgen, Großprojekten oder Generalplanerverträgen mit erhöhten Haftungsvorgaben.

Ersetzt die Objektversicherung die Berufshaftpflicht?

Nein. Die Berufshaftpflicht bleibt zwingend erforderlich und bildet die Basis.

Ab welcher Bausumme ist eine Objektversicherung sinnvoll?

Sobald ein Projekt deutlich über dem üblichen Durchschnitt des Büros liegt.

Wer ist über die Objektversicherung versichert?

In der Regel die im Projekt benannten Planungsbeteiligten – je nach Vertragsgestaltung auch mehrere Partner gemeinsam.

Wie lange gilt eine Objektversicherung?

Projektbezogen, häufig inklusive Nachhaftung für Gewährleistungsansprüche.