Ein strukturierter Leitfaden für Architekten und Ingenieure bei Zahlungsverzug
Die Rechnung ist gestellt, die Leistung erbracht, die Frist abgelaufen – und auf dem Konto passiert: nichts. Stattdessen kommen Einwände. Zu teuer. Nicht vollständig. Angeblich mangelhaft. Für viele Architekt:innen und Ingenieur:innen ist das kein Ausnahmefall, sondern belastender Büroalltag.
Wenn der Bauherr das Honorar nicht zahlt, entscheidet nicht Lautstärke oder Druck – sondern Struktur. Wer jetzt überlegt handelt, kann den Zahlungsverzug kontrollieren. Wer hingegen zögert oder unkoordiniert eskaliert, riskiert Liquiditätsprobleme, Haftungsthemen und langwierige Auseinandersetzungen.
Dieser Artikel zeigt dir Schritt für Schritt, wie du bei ausbleibender Zahlung richtig vorgehst: von der Prüfung der Fälligkeit über Mahnung und Eskalation bis zur Frage, wann sich eine Klage wirklich lohnt – und wie du dich künftig besser absicherst.
Der Bauherr nutzt Einwände, um Zeit zu gewinnen, die Fälligkeit anzugreifen oder die Rechnungshöhe zu mindern.
In der Praxis läuft es häufig so ab: Die Abschlags- oder Schlussrechnung liegt seit Wochen vor. Zunächst kommt gar keine Reaktion. Dann – oft kurz vor oder nach Fristablauf – tauchen pauschale Einwendungen auf. Leistungen seien nicht vollständig erbracht, die Kosten zu hoch oder es gebe „Mängel“. Konkrete Benennung? Fehlanzeige.
Währenddessen laufen deine Fixkosten weiter. Mitarbeitende müssen bezahlt werden, andere Projekte finanzieren das offene Honorar quer. Das eigentliche Risiko liegt nicht nur im offenen Betrag, sondern in der Dynamik:
Arbeitest du weiter, finanzierst du das Projekt vor. Stellst du Leistungen ein, droht Eskalation.
Juristisch ist das kein Zufall. Pauschale Einwendungen werden gezielt eingesetzt, um die Fälligkeit des Honorars infrage zu stellen oder die Rechnung als „nicht prüffähig“ darzustellen. Genau deshalb brauchst du jetzt einen klaren, dokumentierten Ablauf – keine Bauchentscheidungen.
Bevor du mahnst oder eskalierst, musst du klären, ob dein Honorar überhaupt fällig ist.
Der häufigste Fehler in dieser Phase: vorschnelles Mahnen ohne Prüfung der eigenen Ausgangslage. Dabei entscheidet sich hier, ob du später Druck aufbauen kannst – oder angreifbar wirst.
Gibt es einen wirksamen Architekten- oder Ingenieurvertrag? Ist die Honorarvereinbarung klar geregelt?
Bei Verbraucherbauherren ist besonders wichtig: Wurden alle HOAI-Belehrungspflichten eingehalten? Formfehler können zu Honorarkürzungen führen.
Prüfbarkeit heißt nicht „juristisch perfekt“, sondern nachvollziehbar. Der Bauherr muss in angemessener Zeit prüfen können:
Fehlt diese Transparenz, kann der Bauherr die Zahlung verzögern – selbst ohne böse Absicht.
Ist die Rechnung prüffähig, folgt keine aggressive Mahnung, sondern eine klare, sachliche Zahlungserinnerung mit Frist (10–14 Tage).
Wichtig: eindeutige Bezeichnung der Forderung, Rechnungsnummer, Fälligkeitsdatum.
Reagiere nicht defensiv. Bitte konkret um Benennung:
So zwingst du pauschale Behauptungen in die Substanz.
Bleibt die Zahlung aus, folgt die Mahnung mit klarer Frist und Hinweis auf mögliche Schritte: Mahnverfahren, Klage, Leistungseinstellung. Zustellung immer nachweisbar.
Merke: Ein sauberer Standardprozess schützt dich am Besten.
Dein Honoraranspruch steht, wenn Vertrag, Leistung und Fälligkeit sauber sind.
Architekten- und Ingenieurverträge sind in der Regel Werkverträge nach BGB mit Bezug zur HOAI. Der Honoraranspruch entsteht, wenn:
Substantielle Mängelrügen können die Fälligkeit hemmen. Pauschale Aussagen („nicht vollständig“, „mangelhaft“) reichen dafür in der Regel nicht aus – müssen aber fachlich beantwortet werden.
Wichtig ist die Trennung: Nicht jeder behauptete Mangel ist ein honorarrelevanter Einwand.
Ist der Bauherr trotz Fristsetzung im Zahlungsverzug, kommen weitere Rechte in Betracht:
Diese Schritte sind wirksam – aber nur, wenn sie sauber vorbereitet sind. Erfahrungsgemäß gewinnen nicht die lautesten Büros, sondern die mit der besten Dokumentation.
Eine Klage lohnt sich nur bei klarer Beweislage und realistischer Kosten-Nutzen-Rechnung.
Eine Honorarklage ist kein Automatismus, sondern ein eigenes Projekt. Sie lohnt sich vor allem dann, wenn:
Stehen hingegen komplexe Mängel- oder Haftungsthemen im Raum, kann ein Verfahren schnell teuer werden – vor allem durch Sachverständigengutachten.
Oft können folgende Maßnahmen sinnvoller sein als der sofortige Gang zum Gericht:
| Kriterium | Eher Klage | Eher Zurückhaltung |
|---|---|---|
| Vertrag | eindeutig dokumentiert | Beauftragung unklar |
| Rechnung | prüffähig & sauber | formale Schwächen |
| Einwände | pauschal | substanziell |
| Streitwert | wirtschaftlich relevant | gering |
| Kosten | Rechtsschutz vorhanden | volles Kostenrisiko |
Ohne (Vertrags-) Rechtsschutzversicherung trägst du das Kostenrisiko zunächst selbst.
Zu den typischen Kosten gehören:
Gewinnt eine Partei vollständig, trägt die Gegenseite die Kosten. Bei teilweisem Obsiegen wird gequotelt – und genau hier liegt die Gefahr:
Selbst ein „gewonnener“ Prozess kann teuer sein, wenn einzelne Positionen gekürzt werden.
Rechtsschutz kann das Risiko deutlich senken, ersetzt aber keine saubere Vorbereitung. Deckungssummen, Selbstbeteiligungen und Ausschlüsse solltest du kennen, bevor du deinen Fall eskalierst.
Zahlungsausfälle vermeidest du durch Standards:
Das größte Risiko für Honorarstreitigkeiten ist fehlende Struktur: alles aushalten, weiterarbeiten, hoffen. Am Ende schlägt ein gut organisierter Bürostandard Improvisation.
Wenn der Bauherr das Honorar nicht zahlt, entscheidet nicht Emotion, sondern System.
Prüfbarkeit sichern, Beweise sammeln, Fristen setzen – in dieser Reihenfolge. Wer strukturiert vorgeht, behält die Kontrolle, selbst wenn der Konflikt eskaliert.
Der wichtigste Schritt ist meist der erste: Ordnung schaffen, bevor du Druck machst. Alles andere baut darauf auf.
Sie haben Fragen zur Vertragsrechtsschutzversicherung (auch Honorarrechtsschutzversicherung genannt)?
Wir beraten Sie gerne in einem unverbindlichen Gespräch.
Sobald die geschuldete Leistung erbracht ist und eine prüffähige Rechnung vorliegt.
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen – aber nur nach sauberer Fristsetzung und rechtlicher Prüfung.
In der Regel nein, sie müssen konkret und nachvollziehbar sein.
Bei klaren Zahlungsforderungen ohne komplexe Sachfragen oft ja.