Werkvertrag für Architekt:innen und Ingenieur:innen – rechtssicher planen, abrechnen und haften
Der Werkvertrag für Architekt:innen und Ingenieur:innen
Wer plant, schuldet Erfolg. Kein vielleicht, kein „wir versuchen es“. Ein Werkvertrag im Bauwesen verlangt ein Ergebnis – ein Werk, das funktioniert, hält und genehmigungsfähig ist.
Für Architekt:innen und Ingenieur:innen ist er das juristische Fundament ihrer Arbeit: der Rahmen, in dem Planung, Verantwortung und Vergütung aufeinandertreffen.
Während der Dienstvertrag bloß das Tun verlangt, verpflichtet der Werkvertrag zum Ergebnis.
Ein Gedanke, der Planer:innen täglich begleitet – vom ersten Entwurf bis zur Bauüberwachung. Mit der Abnahme wird er Realität: Erst dann gilt das Werk als erbracht, erst dann fließt das Honorar, erst dann beginnt die Verjährungsfrist.
Und genau da beginnt das Spannungsfeld: zwischen Kreativität und Haftung, Entwurf und Paragraf.
- Die rechtliche Basis: Was ein Werkvertrag wirklich ist?
- Werkverträge im Bauwesen – die Paragrafen, die zählen
- Was Architekt:innen und Ingenieur:innen besonders beachten müssen
- Werkvertrag oder Dienstvertrag – der entscheidende Unterschied
- Typische Fehler – und wie man sie vermeidet
- Steuerliche und rechtliche Pflichten – die unterschätzte Haftungsfalle
- Nachhaftung und Verjährung – was nach der Abnahme bleibt
- HOAI & prüffähige Abrechnung – Voraussetzung für jedes Honorar
- Die Checkliste für Planer:innen – was in keinem Werkvertrag fehlen darf
- Wann ein Werkvertrag ungültig oder unwirksam ist
- Fazit – Rechtssicher planen heißt vorausschauend handeln
Ein Werkvertrag nach § 631 BGB verpflichtet zur Herstellung eines konkreten Erfolgs. Architekt:innen schulden also kein Bemühen, sondern ein Ergebnis – eine mangelfreie, genehmigungsfähige Planung oder eine ordnungsgemäße Bauüberwachung.
Erst wenn das Werk abgenommen ist, entsteht der Vergütungsanspruch – und gleichzeitig der Startpunkt für die Mängelverjährung (§ 634a BGB).
Definition: Werkvertrag (§ 631 BGB) – Ein Vertrag, bei dem die Herstellung eines bestimmten Werks gegen Vergütung geschuldet wird. Der Auftragnehmer schuldet den Erfolg, nicht nur die Tätigkeit.
Ein Beispiel: Ein Architekturbüro übergibt die Ausführungsplanung, die vom Bauamt genehmigt wird. Erst mit dieser Abnahme entsteht der Anspruch auf Honorar. Kein Erfolg, kein Anspruch – so einfach, so streng.
Seit der BGB-Reform 2018 sind Architekten- und Ingenieurverträge eigene Gesetzesmaterie: §§ 650p–650t BGB regeln präzise, was Planer:innen schulden und wie sie dafür bezahlt werden.
Damit wurde das Werkvertragsrecht mit dem Bauvertragsrecht verzahnt – ein wichtiger Schritt, der aus Erfahrung Gesetz machte.
| Regelung | Paragraph | Bedeutung | 
| Werkvertrag allgemein | § 631 BGB | Erfolgspflicht statt Tätigkeitspflicht | 
| Bauvertrag | §§ 650a–650h BGB | Ausführung & Mängelrechte | 
| Architekten-/Ingenieurvertrag | §§ 650p–650t BGB | Planung & Überwachungspflichten | 
| Abnahme & Vergütung | § 640 BGB | Fälligkeit & Verjährungsbeginn | 
| Verbraucherbauvertrag | § 650i BGB | Form- & Widerrufsrechte | 
Die Reform hat sichtbar gemacht, was Planer:innen schon immer leisten: Erfolge, keine Versuche.
Ein Werkvertrag für Planer:innen ist kein Standardformular – er ist ein Haftungsversprechen mit Plan. Architekt:innen schulden eine genehmigungsfähige, wirtschaftliche und mangelfreie Planung. Ingenieur:innen müssen technisch und statisch so präzise arbeiten, dass das Ergebnis standhält – juristisch wie physisch.
Die Vergütung richtet sich nach der HOAI (Honorarordnung für Architekt:innen und Ingenieur:innen). Sie ordnet jedes Projekt in Honorarzonen und Leistungsphasen ein – vom Entwurf bis zur Objektbetreuung.
Mängelansprüche verjähren fünf Jahre nach Abnahme (§ 634a BGB). Zudem verpflichtet § 280 BGB zu umfassender Beratung und Aufklärung – etwa bei Risiken, Kostensteigerungen oder Planungsänderungen.
Die Mitwirkungspflicht des Bauherrn ist kein Alibi: Sie sollte dokumentiert sein. Jede Entscheidung, jeder Hinweis zählt – und kann im Zweifel über Haftung oder Entlastung entscheiden.
Kernpunkte für Planer:innen:
- Erfolgsbezogene Planungspflicht (§§ 631, 650p BGB)
- Vergütung nach HOAI-Leistungsphasen
- Fünf Jahre Haftung ab Abnahme
- Umfassende Beratungspflicht (§ 280 BGB)
- Dokumentierte Mitwirkung des Auftraggebers
Ob eine Planung honorarfähig ist, hängt oft an einem kleinen, aber entscheidenden Punkt:
Wird ein Erfolg geschuldet oder nur eine Tätigkeit?
Beim Werkvertrag zählt das Ergebnis, beim Dienstvertrag der Aufwand. Das hat Folgen: Abnahme, Haftung und Vergütung unterscheiden sich grundlegend.
| Vertragsart | Geschuldete Leistung | Folge | 
| Werkvertrag | Erfolg (z. B. genehmigungsfähige Planung) | Abnahme & Haftung | 
| Dienstvertrag | Tätigkeit (z. B. Beratung) | Vergütung ohne Erfolgspflicht | 
Ein Energieberater schließt meist einen Dienstvertrag, eine Architektin dagegen einen Werkvertrag – mit allen Haftungsfolgen.
Der größte Feind jedes Planers? Unklare Verträge.
Fehlende Schriftform, unvollständige Leistungsbeschreibung, verspätete Rechnungen oder keine klare Abnahme – das sind die Klassiker.
Gerade bei HOAI-Verträgen gilt: Nur wer prüffähig abrechnet, kann seinen Anspruch durchsetzen.
Ein Bauherr kann selbst dann die Zahlung verweigern, wenn die Leistung vollständig erbracht ist – solange die Abrechnung nicht prüffähig ist.
Typische Fehlerquellen:
- Leistungsbeschreibung unvollständig oder fehlerhaft
- Abnahmeprotokolle fehlen
- Rechnungen zu spät gestellt
- Honorarvereinbarung unklar oder nicht schriftlich fixiert
- Kündigungsregelung fehlt
- Zusicherung von Garantien o.ä. - kein Verischerungsschutz
Praxisfall: Eine Architektin vergisst, die Abnahme zu dokumentieren. Fünf Jahre später folgt ein Mängelstreit – der Verjährungsbeginn lässt sich nicht nachweisen. Ergebnis: volle Haftung.
Architekt:innen und Ingenieur:innen sind Unternehmer:innen– und unterliegen damit der Umsatzsteuerpflicht.
Fehlerhafte oder verspätete Rechnungen können nicht nur teuer, sondern sogar strafbar sein.
| Pflicht | Grundlage | Bedeutung | 
| Umsatzsteuer (19 %) | § 12 UStG | Standard für Architektenleistungen | 
| Rechnungstellung (6 Monate) | § 14 UStG | Pflicht, um Schwarzarbeit zu vermeiden | 
| Reverse-Charge | § 13b UStG | Steuerpflicht beim Empfänger | 
| Nichtigkeit bei Verstoß | § 134 BGB + § 1 SchwarzArbG | Vertrag unwirksam | 
Ein Vertrag, der gegen das Schwarzarbeitsgesetz verstößt, ist nichtig (§ 134 BGB).
Das gilt auch, wenn Leistungen ohne ordnungsgemäße Rechnung erbracht werden.
Mit der Abnahme endet das Projekt – aber nicht die Verantwortung.
Architekt:innen und Ingenieur:innen haften für Mängel noch fünf Jahre lang (§ 634a BGB).
Diese sogenannte Nachhaftung sollte im Vertrag präzise geregelt und durch die Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt sein.
| Anspruch | Grundlage | Dauer | Hinweis | 
| Mängelansprüche | § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB | 5 Jahre | ab Abnahme | 
| Arglistige Mängel | § 634a Abs. 3 BGB | 10 Jahre | Frist ohne Kenntnis | 
| Nachhaftung (Versicherung) | Policenbedingungen | 5–10 Jahre | individuell erweiterbar | 
| Sekundärhaftung | § 199 BGB | bis 10 Jahre | abhängig vom Schadenzeitpunkt | 
Ein Beispiel: Vier Jahre nach Fertigstellung reißt eine Decke aufgrund eines Berechnungsfehlers.
Ohne Nachhaftung wäre das Büro schutzlos. Versicherer wie VHV, Allianz oder HDI bieten erweiterte Nachhaftungsklauseln, die genau für solche Fälle gedacht sind.
Kein Honorar ohne prüffähige Abrechnung.
Die HOAI definiert, wie Architekten- und Ingenieurhonorare berechnet werden – anhand anrechenbarer Kosten, Honorarzonen und Leistungsphasen (§§ 6–15 HOAI).
Erforderlich sind:
- Vollständige Projektbezeichnung und Leistungsphase
- Auflistung der anrechenbaren Kosten
- Zuordnung zu Honorarzonen und Leistungsbildern
- Nachvollziehbare Berechnung der Honorarsätze
- Separate Ausweisung von Nebenkosten und Nachträgen
- Nachweis der erbrachten Leistungen
Fehlt die Prüffähigkeit, kann der Bauherr die Zahlung verweigern – selbst bei vollständiger Leistung.
Ein sauber aufgesetzter Werkvertrag ist kein bürokratisches Relikt, sondern rechtlicher Schutzschild.
Er entscheidet, ob ein Architektur- oder Ingenieurbüro rechtssicher arbeitet oder im Haftungsstrudel landet.
Checkliste für den Architektenvertrag:
- Vertragsparteien & Vollmachten eindeutig klären
- Leistungsbeschreibung nach HOAI-Phasen definieren
- Honorarzonen & Kosten transparent dokumentieren
- Haftung & Nachhaftung (mind. 5 Jahre) regeln
- Bedenkenhinweise schriftlich fixieren
- Kammermuster oder Fachanwaltsprüfung nutzen
Ein Werkvertrag verliert seine Gültigkeit, wenn er gegen Gesetze oder Formvorschriften verstößt.
Das prominenteste Beispiel: Schwarzarbeit.
Kurz gesagt: Ein Bauvertrag ohne Rechnung ist kein Vertrag – sondern ein Haftungsrisiko.
FAQ-Beispiele:
- Wann ist ein Werkvertrag nichtig?
 Bei Verstoß gegen § 1 SchwarzArbG oder § 134 BGB.
- Wann ist ein Werkvertrag unwirksam?
 Wenn Formvorschriften fehlen oder die Leistung unmöglich ist.
- Wie lässt sich das vermeiden?
 Durch schriftliche Vertragsgestaltung und prüffähige Rechnungen.
Der Werkvertrag ist das juristische Rückgrat jedes Planungsbüros – der Rahmen, in dem sich Kreativität und Verantwortung begegnen.
Wer ihn versteht, kann sicher planen, klar abrechnen und sich auf das Wesentliche konzentrieren: die Gestaltung von Baukultur.
Für Architekt:innen und Ingenieur:innen gilt: Erfolg ist kein Zufall, sondern Vertragsinhalt.
Klare Abnahmen, prüffähige Abrechnungen, definierte Nachhaftung – das sind die Pfeiler, auf denen jedes Büro stehen sollte.
Ein Werkvertrag schützt, wenn er präzise ist. Und er gefährdet, wenn er unklar bleibt.
Wer ihn ernst nimmt, arbeitet nicht nur gesetzeskonform – sondern unternehmerisch klug.
FAQ - Werkvertrag
Einen konkreten Erfolg – z. B. eine genehmigungsfähige Planung oder fehlerfreie Bauüberwachung (§ 631 BGB).
Mit der Abnahme (§ 640 BGB); in der Regel fünf Jahre.
Die Berufshaftpflichtversicherung – sie deckt Schäden aus Planungsfehlern, Versäumnissen oder Nachhaftung.
Bei Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz (§ 1 SchwarzArbG) oder § 134 BGB.
Sie legt fest, wie Architekt:innen und Ingenieur:innen ihre Honorare berechnen – nach Leistungsphasen und Honorarzonen.
Das HVV-Konzept
Vorbeugen
Durch die Schulungen und Seminare sensibilisieren wir Sie und Ihr gesamtes Team zu oftmals nicht bekannten Haftungsrisiken.
Mithilfe der Werkvertragsprüfung stellen wir sicher, dass Sie keine Haftung eingehen für die Sie nicht auch Versicherungsschutz haben.
Betreuen
Als spezialisierter Versicherungmakler managen wir Ihre Versicherungsverträge aktiv.
Sei es Vermittlung neuer Versicherung (z.B. Cyberversicherung), die Optimierung Ihrer bestehenden Vertäge hinsichtlich Kosten und Leistungen oder die Klärung Ihrer Anliegen ggü. dem Versicherer.
Lösen
Im Falle eines Schadens sind wir Ihr Ansprechpartner und Sprachrrohr zum Versicherer. Durch unser Schadenmanagement und direkte Ansprechpartner beim Versicherer kommen Sie schnellstmöglich an die Ihnen zustehenden Leistungen.
