Definition
Berufsbildfremde Tätigkeiten sind Leistungen, die nicht zu den originären Aufgaben des Berufsbildes von Architekten oder Ingenieuren gehören und daher berufsrechtlich sowie versicherungstechnisch eine Sonderstellung einnehmen.
Erklärung / Hintergrund
Das Berufsbild von Architekten und Ingenieuren ist durch die Architekten- und Ingenieurgesetze der Länder, die Berufsordnungen der Kammern und die HOAI geprägt. Es umfasst im Wesentlichen:
- Entwurf, Planung und Gestaltung von Bauwerken,
- technische Berechnungen (Statik, Bauphysik, Haustechnik),
- Bauüberwachung, Projektsteuerung, Beratung des Bauherrn.
Tätigkeiten, die darüber hinausgehen, gelten als berufsbildfremd. Dazu gehören u. a.:
- Bauträgertätigkeit (Erwerb und Weiterverkauf von Grundstücken mit Bauleistung),
- Ausführende Bauleistungen (z. B. Betrieb eines Bauunternehmens),
- Handelstätigkeiten (z. B. Vertrieb von Baumaterialien),
- Reine Finanzierungs- oder Vermittlungsleistungen.
Rechtliche und versicherungstechnische Bedeutung:
- Berufsrechtlich können solche Tätigkeiten unzulässig sein oder einen Verstoß gegen Kammerregeln darstellen.
- In der Berufshaftpflichtversicherung sind sie häufig ausgeschlossen, da das Risiko über das typische Architekten- bzw. Ingenieursprofil hinausgeht.
- Manche Versicherer bieten jedoch optionale Erweiterungen für bestimmte berufsbildfremde Tätigkeiten an.
Abgrenzung:
- Berufsbild → typische und zulässige Kernaufgaben.
- Berufsbildnahe Tätigkeiten → Erweiterungen, die oft noch vom Versicherungsschutz umfasst sind (z. B. Gutachterleistungen).
- Berufsbildfremde Tätigkeiten → grundsätzlich nicht versichert, da sie ein anderes Risiko darstellen.
Synonyme: versicherungsfremde Tätigkeiten, berufsrechtswidrige Tätigkeiten.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure entsteht hier ein erhebliches Risiko:
- Übernehmen sie berufsbildfremde Tätigkeiten, besteht keine automatische Deckung durch die Berufshaftpflicht.
- Schäden aus solchen Tätigkeiten müssen sie ggf. aus eigener Tasche zahlen.
- Beispiel: Ein Architekt tritt als Bauträger auf und verkauft Wohnungen. Treten Baumängel auf, haftet er wie ein Bauunternehmer – seine Berufshaftpflichtversicherung tritt aber nicht ein.
Praxisbeispiel
Ein Ingenieur plant nicht nur die Haustechnik eines Gebäudes, sondern übernimmt zusätzlich den Einbau der Anlagen über ein eigenes Handwerksunternehmen. Kommt es dabei zu Mängeln, handelt es sich um eine berufsbildfremde Ausführungstätigkeit. Die Berufshaftpflichtversicherung lehnt den Schaden ab, da nur Planungs- und Überwachungsleistungen gedeckt sind.
FAQ
Welche Tätigkeiten sind typischerweise berufsbildfremd?
Bauträgertätigkeit, ausführende Bauleistungen, Handel mit Baumaterialien und rein kaufmännische Geschäftstätigkeiten.
Sind Gutachter- und Sachverständigentätigkeiten berufsbildfremd?
Nein, sie gelten in der Regel als berufstypisch, müssen aber oft ausdrücklich in den BBR mitversichert sein.
Was passiert, wenn ich berufsbildfremde Tätigkeiten ohne Absicherung ausübe?
Schäden aus diesen Tätigkeiten sind nicht von der Berufshaftpflicht gedeckt – es droht existenzielles Haftungsrisiko.
Können berufsbildfremde Tätigkeiten versichert werden?
Manchmal ja. Einige Versicherer bieten Zusatzbausteine oder gesonderte Policen, etwa für Bauträgertätigkeiten.
Wer definiert, was berufsbildfremd ist?
Die Abgrenzung ergibt sich aus den Architekten- und Ingenieurgesetzen, den Kammerordnungen sowie den Versicherungsbedingungen (BBR).
Verwandte Begriffe
- [Berufsbild]
- [Bauträger]
- [Bauherrenrisiko]
- [Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR)]
- Berufshaftpflichtversicherung
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