Definition
Das Claims-made-Prinzip (auch Anspruchserhebungsprinzip genannt) ist eine Form der Versicherungsfalldefinition, bei der der Schadenfall erst dann vorliegt, wenn ein Dritter während der Laufzeit der Versicherung einen Anspruch gegen den Versicherungsnehmer geltend macht – unabhängig davon, wann der zugrunde liegende Fehler tatsächlich passiert ist.
Erklärung / Hintergrund
Im Unterschied zu anderen Prinzipien (z. B. Verstoßprinzip oder Schadenereignisprinzip) ist beim Claims-made-Prinzip der Zeitpunkt der Anspruchserhebung entscheidend. Das bedeutet: Entscheidend ist nicht, wann der Planungsfehler, die Pflichtverletzung oder das Schadenereignis stattfand, sondern wann der Anspruchsteller den Schaden schriftlich gegenüber dem Architekten oder Ingenieur geltend macht.
Dieses Prinzip findet sich vor allem in speziellen Haftpflichtversicherungen, etwa in der D&O-Versicherung (Managerhaftpflicht), aber auch in Berufshaftpflichtkonzepten für bestimmte Risiken wie Diskriminierung oder Datenschutz. Für Architekten und Ingenieure ist es daher wichtig zu verstehen, dass der Versicherungsschutz an die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs während der Vertragslaufzeit gebunden ist.
Synonyme: Anspruchserhebungsprinzip, Claims-made-Prinzip, Erhebungsprinzip.
Abgrenzung:
- Verstoßprinzip → Versicherungsfall liegt vor, wenn der Fehler (Verstoß) begangen wurde.
- Schadenereignisprinzip → Versicherungsfall liegt vor, wenn das schädigende Ereignis tatsächlich eintritt.
- Manifestationsprinzip → Versicherungsfall liegt vor, wenn der Schaden erstmals erkennbar oder festgestellt wird.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure bedeutet das Claims-made-Prinzip, dass Ansprüche nur gedeckt sind, wenn sie während der Laufzeit des Versicherungsvertrags erhoben werden. Endet der Vertrag ohne Nachhaftungsregelung, besteht die Gefahr, dass später erhobene Ansprüche unversichert bleiben – auch wenn der Fehler während der Vertragslaufzeit passiert ist.
Gerade bei langfristigen Projekten, bei denen Fehler oft erst Jahre später auffallen, kann das riskant sein. Deshalb sind Nachhaftungsfristen oder Spätschadenklauseln in der Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Ingenieure so wichtig.
Praxisbeispiel
Ein Ingenieur plant 2022 die Statik eines Gebäudes. 2024 wird das Bauwerk fertiggestellt, doch erst 2026 stellt sich heraus, dass die Berechnungen fehlerhaft waren. Der Bauherr erhebt im gleichen Jahr Ansprüche auf Schadenersatz.
- Liegt eine Versicherung mit Claims-made-Prinzip vor, muss der Vertrag 2026 noch aktiv sein oder eine Nachhaftung enthalten, damit der Schaden gedeckt ist.
- Wäre der Vertrag 2025 beendet worden und keine Nachhaftung vereinbart, bestünde kein Versicherungsschutz, obwohl der Fehler 2022 begangen wurde.
FAQ
Ist das Claims-made-Prinzip in Deutschland üblich?
In klassischen Haftpflichtversicherungen eher nicht – dort dominiert das Verstoß- oder Schadenereignisprinzip. In der D&O-Versicherung und bei speziellen Berufshaftpflichtbausteinen wird es jedoch regelmäßig genutzt.
Welche Risiken hat das Claims-made-Prinzip für Planer?
Das Hauptrisiko ist, dass nach Vertragsende erhobene Ansprüche nicht gedeckt sind. Deshalb sind Nachhaftungsklauseln oder Spätschadendeckungen entscheidend.
Wie kann man Deckungslücken vermeiden?
Wichtig ist eine lückenlose Vertragskontinuität, ggf. durch Nachhaftungsvereinbarungen, Rückwärtsversicherung oder Spätschadenklauseln.
Gilt die Anspruchserhebung auch mündlich?
Nein. Ein Versicherungsfall nach Claims-made-Prinzip liegt nur dann vor, wenn ein Anspruch schriftlich erhoben wird – z. B. per Brief, E-Mail oder Klageschrift.
Verwandte Begriffe
- Verstoßprinzip
- [Schadenereignisprinzip]
- [Manifestationsprinzip]
- [Nachhaftung]
- [D&O-Versicherung]
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