Definition
Die Rückwärtsversicherung bzw. Rückwärtsdeckung ist eine besondere Klausel in der Berufshaftpflichtversicherung, die auch Tätigkeiten absichert, die vor Beginn des Versicherungsvertrages ausgeführt wurden, sofern der Schadenverursacher den Fehler beim Abschluss der Versicherung noch nicht kannte.
Erklärung / Hintergrund
Grundsätzlich gilt im Verstoßprinzip der Berufshaftpflichtversicherung: Versicherungsschutz besteht nur, wenn der Verstoß (Fehler, Pflichtverletzung) während der Vertragslaufzeit begangen wurde.
Gerade bei Existenzgründern oder beim Wechsel von einer Anstellung in die Selbstständigkeit ergibt sich das Problem, dass sie oft schon vor Abschluss einer eigenen Berufshaftpflicht tätig waren. Hier greift die Rückwärtsversicherung:
- Sie ermöglicht Deckung für Verstöße, die bis zu ein Jahr vor Versicherungsbeginn passiert sind.
- Voraussetzung: Der Verstoß war dem Versicherungsnehmer nicht bekannt.
- Bekanntheit bedeutet: Wenn ein Architekt oder Ingenieur den Fehler selbst erkannt oder darauf hingewiesen wurde, besteht kein Schutz.
- Die Rückwärtsdeckung gilt in der Regel nur beim erstmaligen Abschluss einer eigenen Berufshaftpflicht.
Abgrenzung
- Nachhaftung: Deckt Schäden, die nach Vertragsende gemeldet werden, wenn der Verstoß während der Vertragslaufzeit lag.
- Spätschadenklausel: Greift beim Versichererwechsel, wenn Schäden erst nach Ablauf der Nachhaftungsfrist der Vorversicherung auftreten.
- Rückwärtsversicherung: Erstreckt den Schutz auf Verstöße, die vor Beginn des Vertrags begangen wurden, aber noch unbekannt waren.
Synonyme: Rückwärtsdeckung, rückwirkender Versicherungsschutz.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure ist die Rückwärtsversicherung besonders beim Start in die Selbstständigkeit oder beim ersten Abschluss einer Berufshaftpflicht entscheidend. Ohne sie wären Fehler aus den ersten Projekten vor Versicherungsbeginn nicht abgesichert – ein existenzielles Risiko.
Auch beim Wechsel von der Anstellung in die freie Tätigkeit können so Tätigkeiten aus Übergangsphasen mitversichert sein.
Praxisbeispiel
Ein Ingenieur macht sich nach zehn Jahren als Angestellter selbstständig und schließt seine erste Berufshaftpflichtversicherung ab. Ein Jahr zuvor hatte er privat ein kleines Bauprojekt begleitet und dabei eine fehlerhafte Berechnung vorgenommen. Erst Monate nach Versicherungsbeginn kommt der Schaden ans Licht. Dank der Rückwärtsversicherung ist auch dieser frühere Fehler abgedeckt, da er dem Ingenieur beim Vertragsabschluss noch nicht bekannt war.
FAQ
Ist die Rückwärtsversicherung automatisch enthalten?
Meistens ja, aber nur beim erstmaligen Abschluss einer Berufshaftpflicht. Sie gilt in der Regel für ein Jahr vor Vertragsbeginn.
Was passiert, wenn der Verstoß schon bekannt war?
Dann greift die Rückwärtsversicherung nicht. Als bekannt gilt ein Fehler schon, wenn er erkannt oder vom Auftraggeber angesprochen wurde – auch ohne geltend gemachte Ansprüche.
Kann die Rückwärtsversicherung verlängert werden?
Üblicherweise ist sie auf ein Jahr begrenzt. Für länger zurückliegende Tätigkeiten ist eine gesonderte Lösung zu prüfen.
Welche Risiken sind ausgeschlossen?
Ausgeschlossen bleiben vorsätzlich verursachte Schäden sowie alle Fehler, die dem Versicherungsnehmer beim Abschluss bereits bekannt waren.
Verwandte Begriffe
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