Definition
Verrichtungsgehilfen sind Personen, die von einem Geschäftsherrn mit der Ausführung einer Tätigkeit beauftragt werden und dabei dessen Weisungen unterliegen. Nach § 831 BGB haftet der Geschäftsherr für Schäden, die ein Verrichtungsgehilfe in Ausführung seiner Tätigkeit verursacht.
Erklärung / Hintergrund
Der Begriff „Verrichtungsgehilfe“ ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Haftungsrechts. Er kommt immer dann ins Spiel, wenn ein Dritter (z. B. Mitarbeiter oder Hilfskraft) im Auftrag und unter Kontrolle eines Geschäftsherrn tätig wird.
Merkmale eines Verrichtungsgehilfen:
- Weisungsgebundenheit: Die Tätigkeit erfolgt unter Anleitung des Geschäftsherrn.
- Abhängigkeit: Kein selbständiger Unternehmer, sondern Hilfsperson.
- Auftragsbezug: Die Tätigkeit steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Aufgaben des Geschäftsherrn.
Beispiele im Bauwesen:
- Angestellte in einem Architekturbüro, die Pläne erstellen,
- Bauleiter, die im Auftrag des Architekten Baustellen überwachen,
- studentische Hilfskräfte, die Vermessungen durchführen.
Rechtsfolgen nach § 831 BGB:
- Der Geschäftsherr haftet für Schäden, die der Verrichtungsgehilfe bei der Ausführung verursacht,
- es sei denn, der Geschäftsherr kann nachweisen, dass er bei Auswahl und Überwachung die gebotene Sorgfalt beachtet hat (sog. Exkulpationsmöglichkeit).
Abgrenzung:
- Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB): Hier haftet der Geschäftsherr unabhängig vom eigenen Verschulden, sobald eine Pflichtverletzung durch den Gehilfen vorliegt.
- Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB): Haftung setzt eigenes Auswahl- oder Überwachungsverschulden voraus, allerdings mit Beweislastumkehr.
Synonyme: Hilfsperson, weisungsgebundener Gehilfe.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure bedeutet das: Fehler von Mitarbeitern, Bauleitern oder Hilfskräften können ihnen zugerechnet werden. Auch wenn der Architekt selbst sorgfältig gearbeitet hat, haftet er für das Fehlverhalten seiner Verrichtungsgehilfen. Deshalb ist es wichtig, Auswahl, Anleitung und Überwachung zu dokumentieren und über die Berufshaftpflichtversicherung abgesichert zu sein.
Praxisbeispiel
Ein Architekt schickt einen Mitarbeiter zur Baustelle, um Maße zu prüfen. Der Mitarbeiter macht dabei einen Fehler, der zu falschen Planungen und hohen Mehrkosten führt. Der Bauherr nimmt den Architekten in Anspruch. Nach § 831 BGB haftet der Architekt für den Schaden seines Verrichtungsgehilfen, da dieser in Ausführung der übertragenen Aufgabe handelte.
FAQ
Wer gilt als Verrichtungsgehilfe?
Jede Person, die im Auftrag und unter Weisungsgebundenheit tätig wird – typischerweise Angestellte oder Hilfskräfte.
Was unterscheidet Verrichtungsgehilfe und Erfüllungsgehilfe?
Beim Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) geht es um deliktische Haftung, beim Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) um die vertragliche Haftung.
Kann sich der Geschäftsherr entlasten?
Ja. Wenn er nachweist, dass er sorgfältig ausgewählt und überwacht hat, entfällt seine Haftung.
Sind freie Mitarbeiter auch Verrichtungsgehilfen?
Nicht zwingend. Freie Mitarbeiter, die selbstständig und nicht weisungsgebunden arbeiten, gelten in der Regel nicht als Verrichtungsgehilfen.
Deckt die Berufshaftpflicht Fehler von Verrichtungsgehilfen ab?
Ja, in aller Regel sind auch Tätigkeiten von Angestellten und Hilfspersonen vom Versicherungsschutz umfasst.
Verwandte Begriffe
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