Definition
Das Verstoßprinzip ist ein Regelungsprinzip in der Berufshaftpflichtversicherung: Der Versicherungsfall tritt bereits mit der Pflichtverletzung (dem Verstoß) ein – nicht erst, wenn der Schaden sichtbar oder geltend gemacht wird.
Erklärung / Hintergrund
In Deutschland gilt in der Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Ingenieure überwiegend das Verstoßprinzip. Es legt fest, dass der relevante Zeitpunkt für den Versicherungsschutz der Moment ist, in dem der Planungs-, Beratungs- oder Überwachungsfehler begangen wurde.
Das bedeutet:
- Maßgeblich für die Deckung ist der Versicherungsvertrag, der zum Zeitpunkt des Verstoßes bestand.
- Der spätere Schadeneintritt oder die Schadenmeldung sind nicht entscheidend.
- Auch wenn der Schaden erst Jahre später sichtbar wird, greift der Vertrag aus dem Jahr des Fehlers.
Wichtige Konsequenzen:
- Versichererwechsel: Es gilt immer der Vertrag zum Zeitpunkt des Fehlers, nicht der aktuelle Versicherer.
- Nachhaftung: Wenn der Vertrag endet, bleibt Schutz für Verstöße bestehen, die während der Laufzeit begangen wurden.
- Abgrenzung zum Manifestationsprinzip: Dort zählt der Zeitpunkt, an dem sich der Schaden zeigt (z. B. oft in Umwelthaftpflichtversicherungen).
Abgrenzung:
- Verstoßprinzip: Versicherungsfall = Zeitpunkt des Fehlers.
- Manifestationsprinzip: Versicherungsfall = Zeitpunkt des Schadeneintritts oder der ersten Schadensmanifestation.
- Claims-made-Prinzip: Versicherungsfall = Zeitpunkt, an dem der Anspruch geltend gemacht wird (häufig in internationalen Policen).
Synonyme: Tatzeitprinzip, Pflichtverletzungsprinzip.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure ist das Verstoßprinzip besonders wichtig, da Baufehler oft erst Jahre nach der Abnahme sichtbar werden. Der Schutz richtet sich aber immer nach dem Vertrag, der zum Zeitpunkt des Fehlers bestand. Das macht eine lückenlose Versicherungshistorie essenziell – inklusive Nachhaftungs- und Rückwärtsversicherung, um Deckungslücken bei Versichererwechseln zu vermeiden.
Praxisbeispiel
Ein Architekt begeht 2019 einen Planungsfehler bei der Abdichtung eines Dachs. Der Schaden zeigt sich erst 2023, als Wasser eindringt. Obwohl der Architekt inzwischen zu einem anderen Versicherer gewechselt ist, gilt der Versicherungsfall nach dem Verstoßprinzip als 2019 eingetreten. Damit ist der damalige Versicherer leistungspflichtig – zu den Bedingungen und Summen des damaligen Vertrags.
FAQ
Wann tritt der Versicherungsfall nach dem Verstoßprinzip ein?
Im Moment der Pflichtverletzung, also bei Begehung des Fehlers.
Warum ist das Verstoßprinzip für Planer wichtig?
Weil Baufehler oft erst Jahre später entdeckt werden. Ohne das Prinzip gäbe es Unsicherheit, welcher Vertrag greift.
Was passiert bei Versichererwechseln?
Es gilt der Versicherer, bei dem der Vertrag zum Zeitpunkt des Fehlers bestand. Deshalb sind Nachhaftung und Rückwärtsdeckung entscheidend.
Gibt es Ausnahmen vom Verstoßprinzip?
Ja. In anderen Versicherungssparten (z. B. Umwelthaftpflicht) wird oft das Manifestationsprinzip angewendet.
Ist das Verstoßprinzip gesetzlich geregelt?
Es ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen, ist aber im Markt Standard für Berufshaftpflichtversicherungen.
Verwandte Begriffe
- Zeitpunkt des Verstoßes
- Manifestationsprinzip
- Nachhaftung
- Versicherungsfall
- Berufshaftpflichtversicherung
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