Definition
Die vertraglich übernommene Haftpflicht bezeichnet Haftungsrisiken, die ein Architekt oder Ingenieur über die gesetzliche Haftung hinaus durch besondere Vertragsklauseln oder Vereinbarungen übernimmt.
Erklärung / Hintergrund
Grundsätzlich haften Architekten und Ingenieure nach den gesetzlichen Regelungen (z. B. §§ 280, 631 ff. BGB) für schuldhaft verursachte Schäden. In Verträgen können jedoch zusätzliche oder verschärfte Haftungspflichten vereinbart werden – diese werden als vertraglich übernommene Haftpflicht bezeichnet.
Typische Beispiele:
- Garantieerklärungen: „Wir garantieren die Einhaltung der Baukosten.“
- Verschuldensunabhängige Haftung: Übernahme der Haftung auch ohne eigenes Verschulden.
- Erweiterte Verjährungsfristen: Vertragliche Verlängerung über die gesetzlichen 5 Jahre hinaus.
- Strafklauseln/Konventionalstrafen: Zahlungen bei Termin- oder Pflichtverletzungen, unabhängig vom konkreten Schaden.
Problematik:
- Die Berufshaftpflichtversicherung deckt grundsätzlich nur die gesetzliche Haftpflicht ab.
- Vertraglich übernommene, darüber hinausgehende Verpflichtungen sind regelmäßig vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
- Nur wenn die Vereinbarung gesetzlich zulässig und ausdrücklich im Versicherungsschutz eingeschlossen ist, besteht Deckung.
Abgrenzung:
- Gesetzliche Haftung: Versicherungsschutz besteht.
- Vertraglich übernommene Haftpflicht: Risiko eines Ausschlusses, wenn die Haftung über das Gesetz hinausgeht.
- Gefährdungshaftung: Haftung ohne Verschulden aufgrund von Gesetzen (z. B. Umwelthaftung), nicht vertraglich begründet.
Synonyme: übervertragliche Haftung, Haftungserweiterung durch Vertrag, freiwillig übernommene Haftung.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure ist die vertraglich übernommene Haftpflicht ein erhebliches Risiko. Unbedachte Zusagen oder Formulierungen in Angeboten und Verträgen können dazu führen, dass im Schadenfall kein Versicherungsschutz besteht. Deshalb ist es wichtig, Garantieversprechen und verschuldensunabhängige Haftungen zu vermeiden und Verträge vor Unterzeichnung juristisch oder versicherungstechnisch prüfen zu lassen.
Praxisbeispiel
Ein Ingenieur verpflichtet sich in einem Vertrag, die Fertigstellung eines Projekts zu einem festen Termin „garantiert“ sicherzustellen. Durch Verzögerungen eines Nachunternehmers wird der Termin überschritten. Der Bauherr verlangt die vereinbarte Konventionalstrafe von 100.000 Euro. Da es sich um eine vertraglich übernommene Haftpflicht handelt, die über die gesetzliche Haftung hinausgeht, verweigert die Berufshaftpflichtversicherung die Leistung.
FAQ
Was ist eine vertraglich übernommene Haftpflicht?
Eine Haftung, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht und durch Vertrag zusätzlich vereinbart wurde.
Sind solche Risiken versichert?
In der Regel nein. Die Berufshaftpflicht deckt nur gesetzliche Haftung. Vertragliche Haftungserweiterungen müssen gesondert vereinbart werden.
Was sind typische Ausschlüsse?
Garantien, verschuldensunabhängige Haftungen, Vertragsstrafen, reine Erfüllungsansprüche.
Wie kann ich mich absichern?
Durch sorgfältige Vertragsgestaltung, Vermeidung riskanter Formulierungen und ggf. spezielle Deckungserweiterungen.
Warum ist das so kritisch?
Weil Architekten und Ingenieure häufig unter wirtschaftlichem Druck stehen, zusätzliche Garantien abzugeben – was im Schadenfall zum Verlust des Versicherungsschutzes führen kann.
Verwandte Begriffe
- Vermeidung von Garantieerklärungen
- Verschuldensunabhängige Haftung
- Pflichtverletzung
- Berufshaftpflichtversicherung
- Verjährungsfristen
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