Wie berechnet sich die Prämie einer Architekten-Berufshaftpflicht?

  • November 11, 2025

 

Ein falsch gesetzter Detailanschluss, eine unklare Schnittstelle in der Bauüberwachung, ein zu knapp kalkulierter Brandschutz: In der Praxis sind es oft kleine Ursachen mit großer Wirkung. Genau deshalb lässt sich die Berufshaftpflicht für Architekt:innen nicht „von der Stange“ bepreisen. Versicherer kalkulieren immer individuell – nach Umsatz, Leistungsbild, Projektgrößen und gewünschter Absicherung. Dieser Beitrag ordnet das Thema praxisnah: von der Logik hinter der Prämie über regionale und kammerabhängige Unterschiede bis hin zu Beispielrechnungen und handfesten Spartipps. Ziel ist nicht, den günstigsten Preis zu finden, sondern die faire Prämie – also die, die Ihrem realen Risiko standhält, ohne Budgets zu sprengen.

Warum sich die Prämie nicht pauschal berechnen lässt

Es gibt keine Standardprämie, weil es keine Standardbüros gibt. Ein Drei-Personen-Atelier mit Schwerpunkt Entwurf und Wettbewerbe hat ein anderes Risikoprofil als ein Generalplaner mit TGA-Schnittstellen und Bauüberwachung. Versicherer verdichten mehrere Merkmale zu einem Gesamtbild: Honorarumsatz (als Näherung für Projektvolumina), Tätigkeitsprofil (z. B. Entwurf, LP 1–4 vs. LP 8), Schadenhistorie, Selbstbehalt und vor allem die Deckungssumme. Je höher die maximale Entschädigungsleistung, desto steiler steigt die Prämie – weil die potenzielle Schadenhöhe mitwächst.

Begriffsklärung Tarif, Prämie und Beitrag:

Der Tarif ist das Regelwerk des Versicherers mit Leistungen und Annahmerichtlinien. Die Prämie ist der Nettopreis nach Risikobewertung. Der Beitrag ist der Zahlbetrag inklusive Versicherungssteuer sowie möglicher Zu- oder Abschläge. Der Selbstbehalt wirkt direkt dämpfend: Höhere Eigenbeteiligung = geringere laufende Kosten.

Beispiel für die Prämienanpassung: Ein Büro übernimmt erstmals die BIM-Koordination für ein Sanierungsprojekt. Die erhöhte Schnittstellenhaftung führt zu einem Zuschlag – sinnvoll, weil Planungsfehler teurer werden können. Ergebnis: mehr Prämie, aber auch mehr Ruhe im Projekt.

Regionale & kammerabhängige Besonderheiten

Versicherungsrecht ist Bundesrecht – aber die Spielregeln im Kammerwesen unterscheiden sich spürbar nach Bundesland. Viele Architekten- und Ingenieurkammern definieren Mindestdeckungssummen und regeln Jahreshöchstleistungen (z. B. zwei- bis vierfache Deckungssumme pro Jahr, die sog. Maximierung). In wirtschaftsstarken Regionen und Stadtstaaten liegen die Anforderungen oft höher, teils flankiert von Rahmenverträgen für Berufseinsteiger:innen.

Auch die Region wirkt versicherungsmathematisch: Baukostenindizes, Schadensquoten und Projektstrukturen in Ballungsräumen unterscheiden sich von ländlichen Gebieten. Ein Büro, das regelmäßig komplexe Altbau-Sanierungen in Hamburg begleitet, wird anders bewertet als ein Büro mit Neubau-Fokus in Sachsen – schlicht, weil die Schadenwahrscheinlichkeit und -höhe im Schnitt variieren.

Mindestdeckungen (Freiberufler; für Gesellschaften können abweichende Mindestsummen gelten):

Bundesland

Personenschäden

Sach-/Vermögensschäden

Jahreshöchstleistung

Baden-Württemberg

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Bayern

1.500.000 €

200.000 €

2x Deckungssumme

Berlin

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Brandenburg

1.500.000 €

300.000 €

2× Deckungssumme

Bremen

1.000.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Hamburg

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Hessen

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Mecklenburg-Vorpommern

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Niedersachsen

1.500.000 €

200.000 €

2x Deckungssumme

Nordrhein-Westfalen

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Rheinland-Pfalz

1.500.000 €

300.000 €

2× Deckungssumme

Saarland

1.000.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Sachsen

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Sachsen-Anhalt

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Schleswig Holstein

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Thüringen

1.500.000 €

250.000 €

2x Deckungssumme

Ein Gründungsbüro kann zudem über Kammer-Rahmenvereinbarungen sanft einsteigen. Typisch hierbei: reduzierte Anfangsprämien bei begrenztem Tätigkeitsprofil – mit der Option, die Deckung bei wachsendem Leistungsumfang zu skalieren.

Die wichtigsten Kostenfaktoren und Beiträge im Überblick

Prämien ergeben sich aus einem Bündel an Einflussgrößen – vier davon bestimmen in der Praxis das Gros der Kalkulation:

Bürogröße und Umsatz

Der Honorarumsatz ist die zentrale Stellgröße. Er korreliert mit Projektanzahl und potenzieller Schadenhöhe. Versicherer schauen auf die letzte Abrechnungsperiode oder – bei Gründungen – auf die realistische Schätzung. Auch die Organisation zählt: Klare QS-Prozesse, Vier-Augen-Prinzip, Dokumentation – all das reduziert die Frequenz und Größe von Schäden und kann sich langfristig preisdämpfend auswirken.

Daumenregel nach Struktur:

  • Einzelarchitekt: schlanke Risiken, niedrige Einstiegssummen
  • Kleines Büro (bis 5 MA): mehr Parallelprojekte, moderater Aufschlag
  • Mittleres Büro (bis 15 MA): Koordination und Generalplanung, deutlich höhere Exponierung
  • Großes Büro (> 15 MA): komplexe Strukturen, entsprechend höhere Mindestdeckungen

Leistungsumfang und Tätigkeitsbereich

General- und Vollplaner tragen Koordinationsrisiken über mehrere Gewerke – inklusive Schnittstellen zu Fachplanungen. Prämienrelevant sind insbesondere Bauüberwachung, Brandschutz, Tragwerksnähe, Energieberatung oder BIM-Koordination. Reine Entwurfsleistungen bleiben meist im Basistarif. Wichtig ist, dass die deklarierten Tätigkeiten zum tatsächlichen Leistungsbild passen – Lücken kosten im Schadenfall sonst Nerven und Geld.

Deckungssumme und Selbstbehalt

Deckungssummen von 1–3 Mio. € für Personenschäden sind ein häufiger Ausgangspunkt; für Sach- und Vermögensschäden liegen die Mindestwerte niedriger. Der Effekt ist nicht linear: Eine Erhöhung von 1 auf 3 Mio. € kann die Prämie deutlich überproportional anheben. Selbstbehalte zwischen 2.500 und 10.000 € sind üblich – sinnvoll, wenn das Büro schadenarm arbeitet und kleinere Fälle selbst trägt.

Vertragslaufzeit und Schadenhistorie

Mehrjährige Bindungen werden oft mit Preisstabilität oder Nachlässen belohnt. Umgekehrt führen wiederkehrende Schäden, hohe Nachforderungen oder unklare Dokumentation zu Zuschlägen. Wer nachweislich strukturiert arbeitet (Bauakten, Protokolle, Freigaben), punktet bei der Risikoprüfung.

Beispielrechnung: Was kostet die Architekten-Berufshaftpflicht?

Realistische Spannen helfen bei der Einordnung – sie ersetzen nicht das individuelle Angebot, geben aber Orientierung.

Einzelarchitekt (Basis):

Bis 50.000 € Honorarumsatz, 3 Mio. € / 1 Mio. € Deckungssumme, 2.500 € Selbstbehalt: ca. 900–1.200 € p. a.
Bei sehr schlankem Profil sind 400–500 € als Einstieg möglich (Gründung, beschränktes Tätigkeitsfeld).

Kleines Büro (3 MA):

200.000 € Honorarumsatz, 3 Mio. € / 1 Mio. € Deckungssumme, 2.500 € Selbstbehalt: ca. 3.000 - 5.000 € p. a.
Existenzgründerrabatte oder Bündelungen (z. B. mit Büro-Inhaltsversicherung) können zusätzlich entlasten.

Aufpreis durch Zusatzleistungen:

Bauüberwachung, Brandschutz oder BIM-Koordination erhöhen den Beitrag häufig um 10–20 % – je nach Umfang und Projektmix. Ein Generalplaner mit Nachhaltigkeits-Zertifizierungen kann z. B. ~18 % über dem Basistarif liegen.

Orientierungswerte nach Bürotyp:

Bürotyp

Umsatz

Deckungssumme

Selbstbehalt

Jahresprämie

Einzelarchitekt (Start)

50.000 €

3 Mio. € / 1 Mio. € Deckungssumme

2.500 €

900–1.200 €

Kleines Büro (3 MA)

200.000 €

3 Mio. € / 1 Mio. € Deckungssumme

2.500 €

3.000–5.000 €

Mittleres Büro (10–15 MA)

750.000 €

5.000.000 € pauschal

5.000 €

12.000–18.000 €

Großes Büro (≥ 20 MA)

≥ 1.500.000 €

10.000.000 € pauschal

10.000 €

≥ 20.000 €

Zwei kurze Szenen, die Unterschiede greifbar machen:
Hamburger Altbau-Sanierung vs. ländlicher Neubau in Sachsen: Gleiches Umsatzniveau, aber 20 % Prämienabstand, weil Bestand, Denkmalschutz und dichte Bebauung andere Risiken erzeugen.
BIM-Einführung im Bestand: Ein Büro nimmt erstmals die Modell-Koordination in die eigene Verantwortung – der Zuschlag ist spürbar, die Absicherung der neuen Schnittstellen aber ihr Geld wert.

Wie Architekt:innen ihre Prämie optimieren können

Architekt:innen können ihre Prämie aktiv beeinflussen, indem sie Tätigkeitsprofil, Selbstbehalt, Zahlungsweise und Versichererwahl gezielt steuern. Die wichtigsten Hebel: Marktvergleich, Qualitätsnachweis und kluges Risikomanagement.

Der elegante Weg zur fairen Prämie besteht aus drei Schritten: Markt sondieren, Hebel nutzen, Wechsel sauber strukturieren.

Vergleichsrechner & individuelle Beratung

Rechner zeigen Marktspannen und Leistungsbausteine – ideal für den ersten Überblick. Für ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis und besonders für komplexe Risikoprofile (z.B. Generalplanung, Brandschutz, BIM) lohnt sich die Betreuung durch einen Fachmakler: Sie bewerten Ausschlüsse, Nachhaftung und Jahreshöchstleistungen, schärfen das Tätigkeitsprofil und holen gezielt Sonderkonditionen ein. Oft gibt es Nachlässe für dokumentierte Qualitätssicherung oder längere Schadenfreiheit.

Spartipps: Selbstbehalt, Bündelung, Zahlungsweise

  • Selbstbehalt anheben: Sinnvoll bei schadenarmen Büros; senkt die laufende Prämie deutlich.
  • Policen bündeln: Haftpflicht + Büro/Elektronik/Immo über einen Anbieter bringt oft bis 15 % Kombi-Vorteil – und reduziert Schnittstellen.
  • Jährliche Zahlung: Spart in der Regel 5–10 % Verwaltungsaufschlag gegenüber monatlich/vierteljährlich.
  • Mehrjahresverträge: Die meisten Versicherer vergeben Nachlässe bei einer mehrjährigen Bindung.

Beispiel: Ein 8-MA-Büro wechselt von Quartals- auf Jahreszahlung und erhöht den Selbstbehalt moderat – die Prämie sinkt um 15%, von 12.000 € auf rund 10.200 € ohne Deckungseinbußen.

Wann sich ein Wechsel lohnt

Ein Wechsel kann sinnvoll sein, wenn Beiträge spürbar steigen, Leistungen klemmen oder nach mehreren schadenfreien Jahren bessere Konditionen erreichbar sind. Häufig winken Wechselrabatte (zweistellig), aber: Bitte erst die Nachhaftung prüfen. Der saubere Weg ist ein lückenloser Übergang – alte Police endet, neue beginnt, Nachhaftung geregelt.

Tipp: Bevor Sie aufgrund von verlockenden Prämien einen Wechsel in Erwägung ziehen, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem aktuellen Versicherer. In der Regel, sind diese gesprächsbereit, sofern Ihr Fall hieb- und stichfest scheint. Alternativ sollten Sie über die Betreuung durch einen Fachmakler nachdenken. Denn ein guter Fachmakler stellt kontinuierlich sicher, dass Sie das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis für Ihren Vertrag haben. 

Fazit: So finden Sie die faire Prämie

Die faire Prämie ist kein Glückstreffer, sondern das Ergebnis einer sauberen Risikoanalyse, passender Deckungssummen und einer klaren Marktübersicht. Prüfen Sie, welche Projekte Sie tatsächlich tragen (heute und in den nächsten 12–24 Monaten), definieren Sie Ihr Tätigkeitsprofil präzise und wählen Sie den Selbstbehalt mit Blick auf Liquidität und Schadenhistorie. Halten Sie Ihre Police nicht für statisch: Ein jährlicher Check genügt, um Wachstum, neue Leistungen oder regionale Besonderheiten einzupreisen – ohne unnötige Mehrkosten.

Ihr 5-Punkte-Plan auf einen Blick:

  1. Projekte & Haftung realistisch bewerten (inkl. Schnittstellen, z. B. BIM/Brandschutz)
  2. Deckungssummen an Projektrealität ausrichten – weder unter- noch überversichern
  3. Selbstbehalt und Zahlungsweise optimieren; Bündelvorteile prüfen
  4. Tarife jährlich sichten, bei größeren Änderungen (Umsatz, Leistungen) sofort
  5. Fachliche Zweitmeinung einholen – insbesondere bei Wechsel, Nachhaftung und Ausschlüssen

Wer so vorgeht, landet nicht bei der billigsten, sondern bei der passenden Lösung – und hat im Ernstfall den Kopf frei für das, worauf es ankommt: gute Architektur.


Häufige Fragen (FAQ)

Was beeinflusst die Prämie einer Architekten-Berufshaftpflicht am stärksten?

Hauptfaktoren sind Honorarumsatz, Tätigkeitsumfang, Deckungssumme, Selbstbehalt und Schadenhistorie.

Wie kann ich meine Haftpflichtkosten als Architekt:in senken?

Durch höheren Selbstbehalt, Bündelpolicen, jährliche Zahlung und Schadenfreiheit lassen sich bis zu 20 % sparen.

Gibt es regionale Unterschiede bei den Mindestdeckungen?

Ja, Kammern setzen je nach Bundesland unterschiedliche Mindestdeckungssummen und Jahreshöchstleistungen fest.

Wann lohnt sich ein Versicherungswechsel?

Wenn Beiträge steigen, Leistungen eingeschränkt werden oder bessere Konditionen bei Schadenfreiheit erreichbar sind – stets mit Blick auf Nachhaftung.

Was kostet eine Architektenhaftpflichtversicherung im Durchschnitt?

Je nach Bürogröße und Leistungsumfang starten die Prämien bei ca. 900 € (p. a., Einzelarchitekt) und 15.000 € (p. a., Großbüro > 20 MA).

Was kann mir ein spezialisierter Versicherungsmakler bieten?

Spezialisierte Versicherungsmakler, sog. Fachmakler, kennen Ihre Risiken und verhandeln in Ihrem Auftrag mit dem Versicherer. So stellen diese sicher, dass sie stets das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis für Ihre Versicherungen haben. Darüber hinaus bietet ein Fachmakler umfrangreiche Dienstleistungen rundum Ihren Vertrag an, z.B. Schadenabwicklung. 

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