Definition
Das Anspruchserhebungsprinzip (engl. claims made) bezeichnet eine Regelung in der Haftpflichtversicherung, wonach der Versicherungsfall nicht durch das Schadensereignis selbst, sondern durch die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs beim Versicherungsnehmer ausgelöst wird.
Erklärung / Hintergrund
Während im klassischen Schadenereignisprinzip der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses maßgeblich ist, kommt es beim Anspruchserhebungsprinzip darauf an, wann ein Dritter seinen Anspruch gegen den Versicherten erhebt.
Charakteristika:
- Auslöser: Anspruch wird gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend gemacht.
- Zeitpunkt: Versicherungsschutz besteht nur, wenn der Anspruch innerhalb der Vertragslaufzeit erhoben wird (oder während einer Nachmeldefrist/Nachhaftung).
- Relevanz: Auch ältere Fehler (vor Versicherungsbeginn) können versichert sein, wenn der Anspruch erst während der Laufzeit erhoben wird und keine Rückwärtsausschlüsse bestehen.
Besonders in der Vermögensschaden- und Berufshaftpflicht (z. B. für Architekten, Ingenieure, Rechtsanwälte) ist das Anspruchserhebungsprinzip Standard. Es erleichtert die Abgrenzung von Versicherungsfällen, weil der Eintritt klar am Datum der Anspruchserhebung festgemacht werden kann.
Synonyme: claims-made-Prinzip, Anspruchsmeldungsprinzip.
Abgrenzung:
- Schadenereignisprinzip → Auslöser ist das schädigende Ereignis selbst.
- Verstoßprinzip → Auslöser ist die Pflichtverletzung (z. B. Planungsfehler).
- Anspruchserhebungsprinzip → Auslöser ist die Geltendmachung eines Anspruchs.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure ist das Anspruchserhebungsprinzip relevant, weil Fehler oft erst Jahre nach der Planung oder Bauausführung zu Forderungen führen. Entscheidend ist dann nicht, wann der Fehler passiert ist, sondern wann der Bauherr oder Dritte den Anspruch erstmals geltend machen.
Wichtig sind hier die Nachmeldefristen und Nachhaftungsklauseln: Wird ein Anspruch erst nach Vertragsende erhoben, greift die Versicherung nur, wenn entsprechende Regelungen bestehen.
Praxisbeispiel
Ein Ingenieur plant 2020 die Statik eines Gebäudes. 2023 treten Schäden auf, doch der Bauherr meldet den Anspruch erst 2025 geltend. Da der Ingenieur seine Berufshaftpflicht noch bis Ende 2025 hält, greift das Anspruchserhebungsprinzip: Versicherungsschutz besteht, auch wenn der Fehler bereits 2020 gemacht wurde. Hätte er die Police 2024 beendet, wäre der Anspruch unversichert geblieben – außer eine Nachhaftungsklausel deckt den Zeitraum ab.
FAQ
Ist das Anspruchserhebungsprinzip Standard?
Ja, in den meisten Berufshaftpflicht- und Vermögensschadenpolicen ist es das übliche Prinzip.
Welche Vorteile hat es?
Klare Abgrenzung: Es zählt nur, wann der Anspruch erhoben wird. Auch ältere Fehler können abgedeckt sein, solange sie nicht bewusst verschwiegen wurden.
Welche Risiken gibt es?
Ansprüche, die nach Vertragsende geltend gemacht werden, sind ohne Nachhaftung oder Nachmeldefrist nicht versichert.
Kann man zwischen Prinzipien wählen?
Teilweise. Manche Versicherer bieten Varianten oder Kombinationen an (z. B. Verstoßprinzip), im Bau- und Planungswesen dominiert aber das Anspruchserhebungsprinzip.
Was ist der Unterschied zu Nachhaftung?
Nachhaftung verlängert den Schutz nach Vertragsende – beim Anspruchserhebungsprinzip entscheidend, um auch spät erhobene Forderungen abzusichern.
Verwandte Begriffe
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