Definition
Eine Ausschreibung ist ein formalisierter Prozess, bei dem Bauherren oder öffentliche Auftraggeber Bau- oder Planungsleistungen öffentlich bekanntmachen, um Angebote von Unternehmen oder Planern einzuholen.
Erklärung / Hintergrund
Die Ausschreibung ist ein zentrales Element im Bau- und Vergabewesen. Sie dient dazu, Leistungen transparent, vergleichbar und rechtssicher zu vergeben. Besonders im öffentlichen Sektor ist die Ausschreibung gesetzlich geregelt – in Deutschland vor allem durch das Vergaberecht (GWB, VgV, VOB/A).
Arten von Ausschreibungen:
- Öffentliche Ausschreibung: Jeder Interessierte darf ein Angebot abgeben.
- Beschränkte Ausschreibung: Nur ausgewählte Unternehmen/Planer dürfen teilnehmen.
- Freihändige Vergabe / Verhandlungsverfahren: Auftraggeber wählt geeignete Teilnehmer aus und verhandelt direkt.
Typischer Ablauf:
- Erstellung der Leistungsbeschreibung (Leistungsverzeichnis).
- Veröffentlichung der Ausschreibung.
- Abgabe von Angeboten durch Bieter.
- Angebotsprüfung und -wertung.
- Zuschlagserteilung an den wirtschaftlichsten Anbieter.
Für Architekten und Ingenieure bedeutet die Ausschreibung oft zweierlei:
- Erstellung von Ausschreibungsunterlagen im Rahmen ihrer Planungsleistungen (Leistungsphase 6 HOAI).
- Teilnahme an Ausschreibungen für eigene Planungs- oder Bauüberwachungsleistungen.
Synonyme: Vergabeverfahren, Tenderverfahren, öffentliche Vergabe.
Abgrenzung:
- Ausschreibung → Prozess zur Einholung von Angeboten.
- Vergabe → eigentliche Auswahlentscheidung und Zuschlagserteilung.
- Angebot → Reaktion der Bieter auf eine Ausschreibung.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure sind Ausschreibungen doppelt relevant:
- Als Planungsleistung: Sie müssen für Bauherren präzise Ausschreibungsunterlagen erstellen, um eine faire und transparente Vergabe sicherzustellen. Fehler in der Ausschreibung können zu Mehrkosten, Bauverzögerungen oder Haftungsfällen führen.
- Als Teilnehmer: Besonders kleinere Büros bewerben sich über Ausschreibungen um öffentliche Aufträge. Hier ist neben Fachkompetenz auch die Absicherung durch eine ausreichende Berufshaftpflicht oft eine Voraussetzung.
Versicherungsrelevanz: Fehler in der Ausschreibung (z. B. falsche Mengenangaben, fehlende Positionen im Leistungsverzeichnis) können zu erheblichen Vermögensschäden führen, für die die Berufshaftpflichtversicherung eintritt.
Praxisbeispiel
Ein Architekt erstellt die Ausschreibungsunterlagen für den Bau einer Schule. Aufgrund eines Rechenfehlers werden zu geringe Mengen für den Beton angegeben. Nachträgliche Korrekturen führen zu Mehrkosten von 150.000 €. Der Bauherr macht diese Kosten als Schaden geltend. Die Berufshaftpflichtversicherung prüft den Fall und übernimmt die berechtigten Forderungen.
FAQ
Ist eine Ausschreibung immer Pflicht?
Nein. Pflicht ist sie nur bei öffentlichen Auftraggebern und ab bestimmten Schwellenwerten. Private Bauherren können frei entscheiden.
Wer erstellt die Ausschreibung?
In der Regel der Architekt oder Ingenieur im Rahmen der HOAI-Leistungsphase 6 (Vorbereitung der Vergabe).
Was passiert bei fehlerhaften Ausschreibungen?
Fehlerhafte Mengenangaben oder unklare Leistungsbeschreibungen können zu erheblichen Mehrkosten führen – Architekten haften dafür.
Gibt es digitale Ausschreibungen?
Ja. Viele Vergabeverfahren laufen heute elektronisch über Vergabeplattformen (eVergabe).
Welche Versicherung greift bei Fehlern in Ausschreibungen?
Die Berufshaftpflichtversicherung, da es sich meist um reine Vermögensschäden handelt.
Verwandte Begriffe
- [HOAI – Honorarordnung für Architekten und Ingenieure]
- [Werkvertrag]
- [Vergaberecht]
- [Vermögensschäden]
- Berufshaftpflichtversicherung
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