Definition
Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn jemand eine schädigende Handlung zwar nicht direkt beabsichtigt, den möglichen Eintritt des Schadens aber erkennt, in Kauf nimmt und dennoch handelt.
Erklärung / Hintergrund
Im Zivil- und Strafrecht wird zwischen Fahrlässigkeit, bedingtem Vorsatz und Absicht unterschieden.
- Fahrlässigkeit: Der Schaden wird nicht erkannt oder nicht gewollt, hätte aber bei Sorgfalt vermieden werden können.
- Bedingter Vorsatz (dolus eventualis): Der Handelnde erkennt die Möglichkeit des Schadenseintritts, findet sich aber damit ab.
- Absicht (direkter Vorsatz): Der Schaden ist das Ziel der Handlung.
Rechtlich relevant ist diese Differenzierung u. a. für die Haftung:
- Im Strafrecht wird bedingter Vorsatz fast wie voller Vorsatz behandelt.
- Im Versicherungsrecht (§ 103 VVG) gilt: Vorsätzlich herbeigeführte Schäden sind nicht versichert – dazu zählt auch bedingter Vorsatz.
Abgrenzung:
- Bedingter Vorsatz → „Na gut, wenn es passiert, dann eben.“
- Bewusste Fahrlässigkeit → „Es wird schon gut gehen.“
Synonyme: dolus eventualis, Eventualvorsatz.
Praxisrelevanz
Für Architekten und Ingenieure ist bedingter Vorsatz vor allem im Zusammenhang mit der Berufshaftpflichtversicherung wichtig.
- Typische Deckung: Versichert sind fahrlässige Fehler (einfach oder grob fahrlässig).
- Nicht versichert: Vorsatz – einschließlich bedingtem Vorsatz.
Beispielhafte Konstellationen:
- Ein Bauleiter erkennt, dass Sicherheitsmaßnahmen auf der Baustelle unzureichend sind. Er hofft zwar, dass nichts passiert, nimmt aber den möglichen Unfall billigend in Kauf → bedingter Vorsatz.
- Folge: Im Schadenfall könnte die Versicherung die Leistung verweigern, da der Schaden nicht nur fahrlässig, sondern vorsätzlich in Kauf genommen wurde.
Praxisbeispiel
Ein Architekt weiß, dass die statischen Berechnungen unvollständig sind. Aus Termindruck übergibt er die Pläne dennoch. Kommt es infolge dessen zu einem Einsturz, handelt es sich nicht mehr um Fahrlässigkeit, sondern um bedingten Vorsatz – die Berufshaftpflichtversicherung kann die Deckung ablehnen.
FAQ
Ist bedingter Vorsatz in der Berufshaftpflichtversicherung gedeckt?
Nein. Die Versicherung deckt nur Fahrlässigkeit. Vorsatz – auch bedingter Vorsatz – ist ausgeschlossen (§ 103 VVG).
Wie kann man bedingten Vorsatz von Fahrlässigkeit unterscheiden?
Es kommt auf die innere Einstellung an: Wer das Risiko erkennt und es billigend in Kauf nimmt, handelt vorsätzlich. Wer es unterschätzt oder verdrängt, handelt fahrlässig.
Welche Folgen hat bedingter Vorsatz?
Zivilrechtlich volle Haftung ohne Versicherungsschutz, strafrechtlich können Geld- oder Freiheitsstrafen verhängt werden.
Spielt bedingter Vorsatz auch im Arbeitsrecht eine Rolle?
Ja. Arbeitnehmer können bei bedingtem Vorsatz persönlich haften und verlieren u. U. ihren Versicherungsschutz durch die Betriebshaftpflicht des Arbeitgebers.
Gibt es eine Grauzone?
Ja, die Abgrenzung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz ist in der Praxis oft schwierig und wird durch Gerichte im Einzelfall entschieden.
Verwandte Begriffe
- [Fahrlässigkeit]
- [Große Fahrlässigkeit]
- [Haftung]
- Berufshaftpflichtversicherung
- [§ 103 VVG]
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