Durchgangshaftung

Definition

Die Durchgangshaftung bezeichnet die Situation, dass ein Architekt oder Ingenieur von einem Bauherrn direkt in Anspruch genommen wird, obwohl der eigentliche Fehler von einem bauausführenden Unternehmer verursacht wurde. Der Architekt haftet in diesem Fall zunächst gesamtschuldnerisch und kann erst im Anschluss Regress beim Bauunternehmer nehmen.


Erklärung / Hintergrund

Im deutschen Bau- und Architektenrecht ist die Durchgangshaftung ein praktisches Risiko, das sich aus der Stellung des Architekten als Sachwalter des Bauherrn ergibt.

Rechtsgrundlagen und Zusammenhänge:

  • Nach § 634 BGB kann der Bauherr bei Mängeln Gewährleistungsrechte geltend machen.
  • Architekten und Ingenieure haften nicht nur für eigene Planungs- und Überwachungsfehler, sondern oft auch im Rahmen eines Gesamtschuldverhältnisses (§ 421 BGB).
  • Dadurch können sie für Bauausführungsfehler haftbar gemacht werden, obwohl diese eigentlich in den Verantwortungsbereich des Unternehmers fallen.

Kern der Durchgangshaftung:

  • Der Bauherr muss nicht den Bauunternehmer verklagen, sondern kann sich direkt an den Architekten wenden.
  • Der Architekt muss den Schaden ausgleichen und erst danach im Wege des Regresses (§ 426 BGB) beim Bauunternehmer seinen Anteil einfordern.
  • In der Praxis ist der Regress oft erschwert (z. B. Insolvenz des Unternehmers, schwierige Beweisführung).

Abgrenzung:

  • Direkthaftung: Architekt haftet für eigene Fehler.
  • Durchgangshaftung: Architekt haftet zunächst auch für fremde Fehler des Unternehmers, weil der Bauherr ihn in Anspruch nehmen kann.

Synonyme: Haftungsdurchgriff, gesamtschuldnerische Inanspruchnahme.


Praxisrelevanz

Die Durchgangshaftung stellt für Architekten und Ingenieure ein erhebliches Risiko dar:

  • Sie haften gegenüber dem Bauherrn umfassend und müssen sich erst nachträglich bei anderen Beteiligten schadlos halten.
  • Bauherren nutzen diesen Weg, weil Architekten meist solventer und über eine Berufshaftpflichtversicherung abgesichert sind.
  • Versicherungsrelevant: Die Berufshaftpflichtversicherung deckt auch Schäden aus der Durchgangshaftung, solange kein Vorsatz vorliegt.

Praxisbeispiel

Ein Bauunternehmer verwendet falsche Materialien bei der Abdichtung eines Kellers. Der Bauherr verklagt nicht den Unternehmer, sondern den Architekten wegen mangelhafter Bauüberwachung. Obwohl der Fehler in der Ausführung lag, muss der Architekt den gesamten Schaden in Höhe von 150.000 € ersetzen. Erst danach kann er versuchen, Regress beim Unternehmer zu nehmen – was im Falle einer Insolvenz des Unternehmers oft scheitert.


FAQ

Warum gibt es die Durchgangshaftung?

Weil der Architekt als Sachwalter des Bauherrn gilt und gemeinsam mit anderen Beteiligten gesamtschuldnerisch haftet.

Ist die Durchgangshaftung gesetzlich geregelt?

Nicht ausdrücklich, sie ergibt sich aus der Kombination von §§ 421, 426 und 634 BGB.

Kann sich der Architekt von der Durchgangshaftung freizeichnen?

Vertraglich nur eingeschränkt. Gegenüber Dritten (z. B. Nachbarn) ist dies kaum möglich.

Trägt die Berufshaftpflichtversicherung Schäden aus der Durchgangshaftung?

Ja, die Versicherung prüft, wehrt unberechtigte Ansprüche ab und reguliert berechtigte Forderungen.

Ist die Durchgangshaftung vermeidbar?

Nur durch sorgfältige Bauüberwachung, lückenlose Dokumentation und Auswahl zuverlässiger Unternehmer lässt sich das Risiko reduzieren.


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