Definition
Das Abwehrkostenzusatzlimit in der Berufshaftpflichtversicherung bezeichnet einen gesonderten Deckungsrahmen, aus dem Abwehrkosten (z. B. Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten) zusätzlich zur eigentlichen Versicherungssumme übernommen werden – wenn diese durch Schadenleistungen bereits ausgeschöpft ist.
Erklärung / Hintergrund
In der klassischen Berufshaftpflicht gelten Abwehrkosten (passiver Rechtsschutz) grundsätzlich als Teil der Versicherungssumme. Das bedeutet: Wird die Versicherungssumme durch Schadenersatzforderungen aufgezehrt, bleibt kein oder nur wenig Raum für die Finanzierung der Abwehrkosten.
Das Abwehrkostenzusatzlimit löst dieses Problem, indem es einen separaten Betrag bereitstellt, der ausschließlich für die Verteidigung gegen Ansprüche verwendet werden darf. Typische Ausprägungen:
- Anwaltskosten (z. B. Prozessvertretung, Berufungen, Schiedsverfahren).
- Gerichtskosten (Gebühren, Reisekosten).
- Gutachter- und Sachverständigenkosten zur Klärung technischer Fragen.
- Zeugenauslagen im Rahmen des Verfahrens.
Für Architekten und Ingenieure ist das Abwehrkostenzusatzlimit besonders wertvoll, da Prozesse um Planungsfehler oder Baumängel oft über Jahre gehen und hohe sechsstellige Verteidigungskosten verursachen können.
Abgrenzung:
- Abwehrkosten → grundsätzlich innerhalb der Versicherungssumme gedeckt.
- Abwehrkostenzusatzlimit → zusätzlicher Topf, der über die Versicherungssumme hinausgeht.
- D&O-Abwehrkostenzusatzlimit → ähnliches Prinzip, jedoch mit Fokus auf Organhaftung statt Planerhaftung.
Praxisrelevanz
Im Bau- und Planungsrecht sind Verfahren häufig komplex, da viele Beteiligte involviert sind (Architekten, Ingenieure, Bauunternehmen, Fachplaner). Streitigkeiten ziehen sich oft über mehrere Instanzen und verursachen hohe Verteidigungskosten.
Ohne Abwehrkostenzusatzlimit droht die Gefahr, dass nach einer Teilregulierung der Versicherungssumme keine Mittel mehr für die Prozessverteidigung bleiben – sodass Architekt oder Ingenieur die restlichen Kosten privat tragen müssten. Mit einem Zusatzlimit von meist 100.000 bis 500.000 € bleibt die Verteidigung auch bei langwierigen Verfahren gesichert.
Praxisbeispiel
Ein Ingenieurbüro wird wegen angeblich fehlerhafter Tragwerksplanung auf 2 Mio. € verklagt. Die Versicherungssumme beträgt 2 Mio. €. Nach einem Vergleich werden 1,9 Mio. € gezahlt, sodass nur noch 100.000 € der Deckung übrig sind. Die laufenden Gerichts- und Gutachterkosten betragen jedoch weitere 250.000 €. Dank eines Abwehrkostenzusatzlimits von 300.000 € übernimmt der Versicherer auch diese Kosten. Ohne Zusatzlimit hätte das Büro 150.000 € selbst zahlen müssen.
FAQ
Ist das Abwehrkostenzusatzlimit immer enthalten?
Nein. Viele Berufshaftpflichtpolicen beinhalten Abwehrkosten nur innerhalb der Versicherungssumme. Ein Zusatzlimit muss oft gezielt vereinbart oder über spezielle Tarife abgesichert werden.
In welcher Höhe gibt es Zusatzlimits?
Üblich sind Summen zwischen 100.000 und 500.000 €, abhängig vom Versicherer und Tarif.
Welche Kosten sind umfasst?
Alle notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung: Anwalts-, Gerichts-, Gutachter- und Zeugenkosten.
Deckt das Limit auch Strafverfahren?
Teilweise. Grundsätzlich sind Abwehrkosten für zivilrechtliche Haftungsansprüche gedeckt. Strafverteidigungskosten sind eingeschlossen, wenn sie im Zusammenhang mit einem versicherten Haftungsfall stehen (kein Vorsatz).
Warum ist das für Architekten und Ingenieure besonders wichtig?
Weil Bauprozesse häufig komplex, langwierig und sehr teuer sind. Das Zusatzlimit sorgt dafür, dass auch nach Ausschöpfen der Versicherungssumme noch Geld für die eigene Verteidigung zur Verfügung steht.
Verwandte Begriffe
- [Abwehrkosten]
- Abwehrkostenzusatzlimit (D&O-Versicherung)
- [Passiver Rechtsschutz]
- [Versicherungssumme]
- Berufshaftpflichtversicherung
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